AKTUELL | Interview Charley Boorman

AKTUELL | Interview Charley Boorman

Touratech Markenbotschafter Charley Boorman zählt zu den weltweit profiliertesten Motorradabenteurern. Wir haben mit ihm über seine ersten Reiseerfahrungen, seine Freundschaft mit Ewan McGregor und sein neuestes Projekt gesprochen.

Charley, wie hat das mit dem Reisen bei dir angefangen?

Nun, ich glaube, diese Leidenschaft habe ich meinem Vater zu verdanken. Er ist Filmre­gisseur und hat bei Filmen wie Deliverance, Excalibur oder Hope And Glory Regie geführt. Er reiste durch die ganze Welt und drehte Filme. Meine Geschwister und mich hat er immer mitgenommen. Und so kamen wir an alle möglichen Orte – von South Carolina über den Südpazifik bis nach Brasilien und Kalifornien.

Welches ist die erste Reise, an die du dich bewusst erinnern kannst? Was hat dich besonders beeindruckt?

Die erste Reise, an die ich mich bewusst erinnern kann, war unser Aufenthalt in South Carolina, wo mein Vater den Streifen Deliverance drehte. Er hatte dort ein Haus für unsere ganze Familie gemietet. Eines Tages nahm mich Dads Fahrer im Auto mit auf eine Rundfahrt. Als wir zum Filmset zurückka­men, fragte mein Vater, was ich den ganzen Tag gemacht hätte. Ich erzählte ihm, dass mir der Fahrer beigebracht hatte, wie man aus dem Autofenster schießt. Mit meinen fünf Jahren hatte ich an diesem Nachmittag jede Menge Briefkästen durchsiebt.

Was macht für dich die Faszination des Reisens aus?

Eine große Rolle spielen für mich die Grenzübertritte. Wenn man über Land reist und eine Grenze passiert, verändert sich alles. Die Farbe des Asphalts, die Beschilderung, die Kleidung der Menschen, die Architektur, die Kultur, die Art und Weise, wie Geschäfte funktionieren. Ein Beispiel: Man kann im Sudan in einem kleinen Café einen Kaffee trinken, und wenn man dann nach Äthiopien fährt, um dort einen Kaffee zu trinken, ist das völlig anders, allein schon, weil einen die Leute anders bedienen. Das ist es, was ich wirklich liebe, diese kulturellen Unterschiede.

Die meisten deiner Reisen hast du mit dem Motorrad unternommen. Wie kamst du zum Motorradfahren?

Alles fing an, als ich etwa sechs Jahre alt war. Zusammen mit Jason Connery, dem Sohn von Sean Connery, war ich in Irland. Unsere Väter drehten dort einen Film namens Zardoz. In der Garage stand eine Honda Monkey. Stunden verbrachten wir damit, das Bike zum Laufen zu bringen – und schließlich sprang es an. Jason, der rund eineinhalb Jahre älter ist als ich, fuhr als erster, dann gab er mir eine Chance. Ich erinnere mich, wie ich durch die Gegend raste, bis ich ziemlich heftig hinfiel. Trotzdem dachte ich mir: »Das ist es, was ich machen will!« Als ich ungefähr neun Jahre alt war, lernte ich Tommy Rochford kennen. Der hatte eine Maico 400, das war damals einfach das fantastischste Motorrad, und ich überredete ihn, mich damit fahren zu lassen. Ich konnte kaum die Fußrasten berühren, so dass er den ersten Gang einlegen musste. Ich fuhr Runde um Runde um ein Feld herum, solange, bis ich wieder hinfiel.

Was waren die prägendsten Erfahrungen auf deiner ersten Motorradreise?

Natürlich hatte ich schon einige Motorrad­touren gemacht, Wochenendtrips etwa oder einen Ausflug in die Alpen. Aber länger als drei oder vier Tage war ich nie im Sattel. Dann kam Long Way Round. Wir fuhren von London nach New York. Immer Richtung Osten – also durch Europa, Osteuropa, Ka­sachstan, die Mongolei, Sibirien, den Fernen Osten Russlands, Alaska, Kanada, Amerika und dann schließlich nach New York. Da war immer das Gefühl: »Werden wir es schaffen? Was kommt als nächstes?« Eigentlich war im­mer alles offen. Dieses Gefühl war der Antrieb für alle meine weiteren Reisen.

Wie hast du Ewan McGregor kennengelernt?

Nun, meine Schauspielkarriere war irgendwie schiefgelaufen, weil ich Legastheniker bin. Es fällt mir schwer, einen Text zu lernen und am Filmset zu arbeiten. Es gab einen Zeitraum von 10 Jahren, in dem ich nicht wirklich viele Filme gemacht habe. In dieser Zeit traf ich Ewan am Set eines Films namens The Serpent‘s Kiss. Ewan und ich haben uns sofort angefreundet und sind seitdem Freunde geblieben. Das ist jetzt 30 Jahre her. Unter anderem verbindet uns unsere Leidenschaft für Motorräder. Wir hatten sogar eine Zeit lang ein gemeinsames Motorrad-Rennteam in der British Superstock und in der British Superbike Series. Wir hatten Erfolg, wir haben sogar eine Meisterschaft gewonnen.

Wie entstand die Idee zu Long Way Round?

Die Idee hatte Ewan. Ich fand das Projekt zwar großartig, hatte aber eigentlich kein Geld für so eine Reise. 5.000 Pfund auf der Bank waren alles, was ich zu dieser Zeit be­saß. Ewan wollte diesen Einwand nicht gelten lassen und war überzeugt, dass wir einen Weg finden. Schließlich konnte ich mit Russ und Dave, den Produzenten, aushandeln, dass ich ein wöchentliches Gehalt bekomme, damit meine Frau und meine Kinder zu Hau­se ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten, während ich weg war.

Wenn du den Spirit des Reisens betrach­test: Wo siehst du die Hauptunterschiede zwischen deinen zahlreichen Motorradrei­sen und »By Any Means«?

Russ und ich hatten die Idee zu By Any Means beim letzten MotoGP-Rennen in Valencia vor ein paar Jahren bei einigen Flaschen Wein. Auf der Rückseite einer Bordkarte skizzierten wir die Idee, von London nach Sydney zu rei­sen. Und zwar mit allen möglichen Verkehrs­mitteln: Fahrrädern, Autos, Lastwagen, Boo­ten, Elefanten, Tuk-Tuks, was auch immer. Es war ein verrücktes Abenteuer. Und das liebe ich. Es war einfach alles ganz anders als bei den Motorradreisen. Ein Aspekt ist aber bei allen Reisen gleich: Die wirklich bleibenden Erinnerungen sind die Erlebnisse mit den Menschen, die ich unterwegs getroffen habe.

Du arbeitest seit über zwei Jahrzehnten mit Touratech zusammen. Wie kam der Kontakt zustande?

Wie so viele Motorradabenteurer auf der ganzen Welt hatte ich den dicken Touratech Katalog zu Hause. Immer wenn ich auf der Toilette saß, blätterte ich eine Ewigkeit in dieser »Bibel«. Als wir die Vorbereitungen zu Long Way Round starteten, kontaktierten wir Touratech und erklärten, was wir vorhatten. Zu unserer Überraschung war Touratech sofort an Bord. Ich werde es nie vergessen, wie diese Kiste mit all dem Touratech Material in unserem Büro ankam, wo wir die Motorräder aufbauten. Es war wie Weihnachten!

Seither ist die Beziehung zu Touratech immer eng geblieben. Touratech hat geholfen, mein Dakar-Motorrad zu bauen, dann haben wir mit Touratech für Long Way Down zusam­mengearbeitet und immer wieder gemeinsa­me Projekte realisiert.

Du hast jetzt schon einige Adventure Country Tracks gefahren. Was reizt dich daran?

Mein erster Adventure Country Track war der ACT UK. Für die Filmproduktion sind wir durch den Peak District und durch Wales und dann auf die Isle of Man gefahren. Es war eine magische Reise. Ich bin damals über Harley-Davidson zu dem Projekt gestoßen und habe dann das Team mit Mirko, Elvio und Martin kennengelernt. Wir haben uns nach dem Dreh zusammengesetzt, und sie haben gefragt, ob ich mich stärker bei dem Projekt engagieren möchte. Und das habe ich getan. Es macht Spaß, etwas an die Szene zurückzugeben, ein bisschen Zeit zu opfern, um Leuten, die ihr eigenes Abenteuer erleben wollen, tolle Tracks anbieten zu können und einen Film zu machen, damit die Leute sehen können, was es da draußen zu erleben gibt. Ich bin sehr stolz darauf, Teil von Adventure Country Tracks zu sein.

Kannst du uns schon etwas über dein neues Film-Projekt mit Ewan McGregor verraten?

Leider kann ich zu diesem Projekt noch nicht allzu viel erzählen. Long Way Home ist abgedreht, kommt aber erst im Herbst 2025 heraus. Nur so viel: Wir sind von Ewans Haus in Schottland über Skandinavien, Ost- und Mitteleuropa zu meinem Haus in England gereist. Es ist unglaublich, was wir für Aben­teuer fast vor unserer Haustür erlebt haben.

Auf jeden Fall hat es riesigen Spaß gemacht, wieder mit Ewan unterwegs zu sein und diesmal mit alten Motorrädern zu reisen, was ja an sich schon alle möglichen wunder­baren Erfahrungen mit sich bringt. Einmal mehr haben wir die Erfahrung gemacht, wie freundlich und großzügig die Menschen auf der ganzen Welt sind.

»Zum Schluss möchte ich allen Lesern eine ‚Gute Reise‘ wünschen. Fahrt los und erlebt eure eigenen Abenteuer!«



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